Dienstag, 8. November 2016

Datenjournalismus: Der "Worst Case" - Schlimmer geht immer im digitalen Alltag

Letzte Woche ging es hier um den "Best Case" im Datenjournalismus und wenn man sich diesen Text so durchliest, könnte man auf die Idee kommen, es sei so einfach Datenjournalismus zu betreiben. Trotzdem gibt es viele Beispiele, die genau daran Zweifel aufkommen lassen. Meist scheitert es dabei weniger an komplexen Fragestellungen, sondern an organisatorischen Dingen.

Der "Jack of all trades" ist ein "Master of None" 

Heutzutage fordert man von Journalisten genau zu diesem "Jack of all trades", dem "Hansdampf in allen Gassen" zu werden. Genau hier entsteht aber auch ein Problem, denn jemand der sich in vielen Bereichen ein wenig auskennt, muss zweierlei mitbringen: eine hohe Fehlertoleranz und die Akzeptanz, dass nicht alles funktionieren kann. Doch leider haben die meisten Anwender datenjournalistischer Projekte kein Verständnis für einen "Jack of all trades". 

Der Datenjournalist als menschlicher Hybride 

Ein Hybrid, der die im erwähnten Beitrag beschriebenen Einzelpositionen vereint wäre denkenswert. Er wäre aber nicht mehr nur ein Journalist, sondern gleichwohl alles andere zu je einem Viertel. Betrachten wir die Fachkompetenz und teilen sie durch vier, so beherrscht ein solcher Hybrid-Journalist gerade die Grundlagen in jedem einzelnen Bereich. Natürlich ist es uns Menschen möglich immer wieder neue Fähigkeiten zu erlernen. Experten jedoch werden wir nur in den wenigsten Dingen, da wir davon ausgehen müssen, jeder Expertise, die wir erlernen wollen, erst einmal 10.000 Stunden Training voranzustellen. Beschäftigen wir uns also nur vier Stunden täglich mit einem Thema, so benötigen wir ca. sieben Jahre pro Fähigkeit. Übertragen wir dieses Wissen auf unsere vier Fähigkeiten, so müssten wir erst einmal 28 Jahre berufliche Weiterbildung ansammeln, sieben in jedem Bereich. Einen solchen Menschen gibt es nicht und wenn wir ehrlich sind, wollen wir auch keinen solchen Menschen kennen lernen. Diese Menschen gelten bei schon zwei dieser Fähigkeiten als Nerds. Ich verwende diesen Begriff in der Regel positiv, da es durchaus möglich ist, die Fähigkeit Statistik und Programmierung gleichzeitig zu erlernen, da eine enge Verzahnung vorliegen kann. Dennoch bleibe ich skeptisch, was das Erlernen der beiden anderen Fähigkeiten angeht. Natürlich gibt es Journalisten, die sich zum Layouter, Technik Journalisten, die sich mit Programmierung auskennen. Doch wie weit reicht ihre Expertise? 

Der "Ein-Mann-Betrieb" als "Worst Case"?

Doch bedeutet das In-Frage-Stellen der Expertise, dass ein "Ein-Mann-Betrieb" keinen Datenjournalismus betreiben kann? Diese Behauptung stelle ich keines Falls auf, denn worauf es eigentlich ankommt, ist die Vernetzung und die Team-Fähigkeit des Einzelnen. Sucht sich der an Daten interessierte Journalist ein Team, mit dem er zusammenarbeiten kann, dann kann der Datenjournalismus funktionieren. Anderenfalls wird es schwierig. 

Datenjournalismus ist teuer

In jedem Fall gilt, dass die Umsetzung eines datenjournalistischen Projekts Zeit beansprucht, denn zunächst muss man sich mit der Frage beschäftigen, welche Daten eigentlich benötigt werden. Dann muss man die Daten seinerseits finden und aufbereiten. Erst im Anschluss kann dann die klassische journalistische Arbeit erfolgen. Die Einbindung der Daten in den Artikel oder in ein graphisches Konzept ist immer der letzte Schritt. Er erfolgt sogar erst im Anschluss an die Programmierung. Scheitert der Journalist also an einem der früheren Punkte, so scheitert das gesamte Projekt. Egal wie viel Zeit und Geld bereits investiert wurde.  

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